RUB » Münzsammlung» Online-Ausstellung

10) Das Zeichen persönlicher Rache und des außenpolitischen Erfolges (18 v. Chr.) II

http://www.ruhr-uni-bochum.de/muenzsammlung/augustus/2436.jpg
Die Vorderseite zeigt ein Profilbildnis des Augustus mit einem Lorbeerkranz. Die Legende lautet CAESARI links, AUGUSTO rechts und wurde parallel zum runden Münzrand geprägt. Nur noch am oberen Teil des vorliegenden Stückes lässt sich zudem erschließen, dass der Münzrand durch einen Punktekreis eingefasst war, von dem jedoch heute nur noch ein Viertelkreis erkennbar ist.
Die Rückseite zeigt den Mars Ultor – Rundtempel mit drei Aufgangsstufen und sechs Säulen, deren Abstände jeweils nach außen gehend, perspektivisch enger werden. Die abgebildeten Säulen tragen das der Perspektivkonstruktion entsprechend gerundete verzierte Gebälk und das Kuppeldach mit ebenfalls verzierter Spitze. Innerhalb der Interkolumnien der drei mittleren Säulen sind Feldzeichen (eine aquila und zwei signa) zu sehen. In der Mitte ist die Adlerstandarte dargestellt (s. auch Münze Nr. 8 und Nr. 9). Jeweils rechts und links von der aquila sind die signa erkennbar. Diese Lanzen sind mit Quaste und Mondsichel am unteren Ende, mit Scheiben in der Mitte und mit Krone, Hand und einer kurzen Querstange mit Bändern an der Spitze dargestellt. Links vom Tempel ist das Wort [M]AR und rechts vom Tempel VLT für MAR(TIS) VLT(ORIS) („Tempel des Mars Ultor“) erkennbar. Der Münzrand ist hier scheinbar durch einen durchgezogenen Ring eingefasst gewesen, aber wie bei dem Punktekreis der Vorderseite ist der Ring nicht mehr vollständig erhalten. Der Denar gehört zur selben Emission wie Nr. 9 und Nr. 11 und wurde etwa 18 v. Chr. möglicherweise in der Colonia Patricia in Spanien geprägt.
Wie bei nahezu allen Darstellungen auf Münzen der frühen Kaiserzeit wurde in erster Linie der Zweck verfolgt, die Person, die Taten und die Erfolge des Princeps darzustellen. Sowohl die Vorder-, als auch die Rückseite der vorliegenden Münze lassen diesen Aspekt besonders deutlich werden. Das Augustusprofil der Emission mit Lorbeerkranz auf der Vorderseite entspricht einer Darstellungsart des Princeps nach der Vergabe des Ehrennamens Augustus im Jahre 27 v. Chr., die sich von den Darstellungen des Octavian in der späten Republik unterscheidet. Zu erwähnen sind hier der seitdem für Herrscherdarstellungen typische, ruhig – erhabene Gesichtsausdruck und die zunehmend am klassischen Stil orientierte Ausdrucksform der Bildnisse, die eher eine reflektierte Schöpfung, ein Kunstgesicht wiedergeben, als die im Gegensatz zu den in der Republik bevorzugten originalgetreuen Darstellungen. Der Lorbeerkranz auf dem Kopf des Augustus unterstreicht diese Erhabenheit des Princeps, denn in der Antike symbolisierte er die Sieghaftigkeit und den Ruhm des Trägers.
Der Mars Ultor – Tempel mit den Feldzeichen auf der Rückseite der Münze versinnbildlicht in mehreren Zusammenhängen die Taten des Princeps. Bei dieser Darstellung wurde eine gängige Art und Weise angewandt, die dem Betrachter der Münze ermöglichte, mit assoziativen Zusammenhängen in der Symbolik den Sinngehalt zu erschließen. Im historischen Kontext besteht der Zusammenhang zwischen Tempel und Feldzeichen darin, dass Augustus im Jahre 20 v. Chr. die an die Parther verloren gegangenen Feldzeichen mittels Friedensverhandlungen wiedererlangt hatte und etwas später zunächst in einem kleinen Rundtempel für Mars Ultor auf dem Kapitol untergebracht hat. Die Beischrift dieser Münze sichert die Identifizierung dieses Baues, dessen Existenz sonst nur literarisch bezeugt ist. Ob allerdings alle auf den Münzdarstellungen überlieferten Details der Innenausstattung des Tempel wie die Triumphalquadriga (Münze Nr. 9) oder eine Statue des Mars tatsächlich historisch sind, muss offen bleiben.
Der Bau eines Marstempels (als Vater des Romulus Ahnherr des julischen Geschlechtes und damit männliches Gegenstück zur Mutter des Aeneas, Venus) war bereits unter Caesar geplant, wurde jedoch erst durch Augustus mit der Fertigstellung seines Forums 2 v. Chr. endgültig realisiert. Octavian selbst hatte vor der Schlacht bei Philippi gegen die Caesarmörder im Jahre 42 v. Chr. gelobt, dass er den Tempel des Mars Ultor erbauen lassen würde. War dieser Tempel zunächst als Symbol der „Rache für seinem Vater“ (Sueton, Leben des Augustus, Kap.  29,2) durch Mars als Vater des Romulus und damit Ahnherren des julischen Geschlechtes gedacht, so wandelte sich die Rolle des endgültigen Baus auf dem Augustus-Forum zu einem Monument für die innere Befriedung des Reiches und den außenpolitischen Erfolg der neuen Monarchie.

Inv.-Nr. 2436 (3,72g; Stempelstellung 4)
RIC I2, 105a
Ayfer Congaralioglu


Literatur:

  • Kaiser Augustus und die verlorene Republik, Berlin 1988, S. 514f..

  • Fuchs, Günter: Architekturdarstellungen auf römischen Münzen der Republik und der frühen Kaiserzeit, Berlin 1969, 38 Taf.. 5f. Nr. 65-74.

  • Giebel, Marion (Hg.): Augustus Res gestae Tatenbericht (Monumentum Ancyranum), Stuttgart 2002.

  • Gordon, Richard: Art. Mars, in: Der Neue Pauly (1999), Sp. 946 – 951.

  • Le Bohec, Yann: Art. Feldzeichen, in: Der Neue Pauly (1998), Sp. 458 – 462.

  • Reusser, Christoph: Art. Mars Ultor (Capitolium ), in: Lexicon topographicum urbis Romae, Bd. 3, Rom 1996, S. 230f.

  • Suetonius Tranquilius Gaius: Die Kasierviten. Hrsg. u. übers. v. Hans Martinet, Darmstadt 1997.

  • Sutherland, C. H. V. und Carson, R. A. G.: The Roman Imperial Coinage, Vol. I, London 1984.

  • Zanker, Paul: Augustus und die Macht der Bilder, München 42003, 103f.